TAG 3 – STAN
Heutige Intention: Ich bin gnädig zu mir selbst.

GUTEN MORGÄÄÄÄHN, WELT
Karma Yogi
Punkt 7:00 h. Es ist ein frischer Tag. Eine Irre in Yogabuxe wetzt auf ihrem Rennrad durch die regennaßen Straßen des noch schlafenden Hamburgs. Das bin dann wohl ich.
Heute noch früher als die letzten Tage, da ich heute mit Sophie zusammen das Amt des Karma Yogis bekleide. Die To-Do-Yogis, wenn man so will – die Yogis des selbstlosen Handelns.
Wir sind die Öffner des Studios, die Toilettenrollenauffüller, die Lüfter… quasi die Präparateure für den neuen Tag. Wir verduften Raumspray von Rituals, knipsen romantisches Licht im ganzen Raum an und begrüßen unsere Mityogis mit einem liebevollen Lächeln.
Als das Studio gefüllt ist und unsere Teacherin sich auf ihrer Matte niedergelassen hat, schließen wir Karmas die Welt aus und beginnen wie schon die vergangenen Tage mit Pranayama (Atemübungen) und einer Meditation.
Ich schätze die Pranayama-Übungen sehr, da sie mich wirklich gut erden und ich dabei bereits in einen meditativen Zustand übergehe, der mich sehr entspannt.
Bei der Meditation selbst fällt es mir schwer aufgerichtet zu bleiben. Ich bin einfach noch etwas zu müde und abgespannt von den vorherigen Tagen. So liege ich anfänglich in eine Kindhaltung – ganz untypisch aber ich dachte ich geb dem einen Versuch -, meinen Oberkörper auf der Matte und meine Stirn auf den gefalteten Händen. Ungefähr nach der Hälfte der Meditation sind meine Beine kribbelig und ich entscheide mich, mich doch aufzurichten. Meine Gedanken weichen ab und denken nach, wie wir am besten die Girlande unseres heutigen Geburtstagsyogis aufhängen… und wo is die überhaupt? Ich hab ganz schön Mühe meine Pferchen zusammen zu halten.

DRILLINGE
Kein Kopfstand ist auch eine Lösung
Schwupps ist die erste Stunde schon durch und es geht in die Pause vor der Open House Asana Class. Hoppla, das ging wirklich flott heute!
Wir nutzen die kleine 15-min-Pause zwischen Frühprogramm und Asana-Praxis, um uns in Grüppchen zu setzen und uns gegenseitig zu drücken, uns lachend von unseren diversen Muskelkatern zu berichten und uns zu motivieren. Hach, herrlich ist das, mit diesen Menschen! Wo kommen die nur alle her!? Toll!
Die Tür geht zu, alle begeben sich auf ihre Heimatmatte und neben mir platziert sich B, eine sehr nette Yogalehrerin, die ebenfalls bei Power Yoga unterrichtet und nun zur Open Class als Mityogi da ist. Ich freue mich sie wieder zu sehen, da sie einige Zeit weg war.
Wir beginnen jede Asana-Praxis mit dem Setzen einer Intention und so setze ich mir heute den Anker, mir gegenüber gütiger und netter zu sein als bei der gestrigen Übung wo ich mich innerlich so sehr gebasht habe für mein Kopfstandunvermögen.
Wir beginnen und trotz des tierischen Ganzkörpermuskelkaters den die letzten Tage wie Narben auf mir hinterlassen haben, läuft alles sehr fluffig. Ich atme ruhig und entspannt (wenn auch teilweise etwas gefordert) mit und komme gut durch die Übungen. Heute ist der Ablauf auch schon flüssiger als noch gestern. Der Schweiß läuft mir allerdings weiterhin aus allen erdenklichen Poren. Oh Mann, nach den 10 Tagen, bin ich vollkommen entgiftet! 😀
Als wir beim Kopfstand ankommen, seufze ich kurz. Wir wissen ja, wie unsere Beziehung so ist. Etwas… angespannt. B bietet sich freundlichweise als menschliche Stützwand an und wir versuchen unser Glück. Es wird – naja – ein schiefer Turm von Pisa und ich bedanke mich, gehe in eine Position, die eine Vorstufe des Kopfstandes ist und entscheide mich, dass DAS heute mein Friedensangebot ist. Mehr ist nicht drin, klar!? Ok. Mein Ego und ich schlagen ein, mein Körper freut sich einen Ast.
Als die Asana-Praxis vorbei ist, bin ich fix und fertig, aber ziemlich glücklich und fühle mich sehr erfolgreich. Ich bin hier, ich gebe alles was ich kann, ich bin auf einem tollen Weg und das ist alles genau richtig so.
Stan’s Anatomy
Als wir zur zweiten Tageshälfte nach dem Mittagspäuschen wieder in den Raum kommen, steht da… ein Mann ohne Hosen… Wir Mädels gucken ganz ungeniert mit großen Augen hin, denn vom Körperbau her ist der schon speziell.
Als wir alle wieder auf unseren Matten sitzen und uns um den Unbekannten geschart haben, kommt ein weiterer Unbekannter herein. Der wiederum hat Hosen an und stellt sich zudem vor. Er ist unser Anatomie-Experte und erinnert ein wenig an Peter Lustig. “Und das” er zeigt auf den Nackten, “ist Stan. Stan ist eigentlich eine chinesische Frau die beliebig reproduziert wurde, aber wo kein Kläger da kein Beklagter.” Wir schütteln reihenweise Stans Hände, die sehr knochig wirken, und legen los mit unserer ersten Stunde Körperkunde.
Das Thema ist sehr interessant: Der menschliche Knochenbau, Muskeln und Faszien. Faszienierend!
Leider ist unser lieber Anatomiker ein ganz anderer Schlag als unser spritziger, entertainiger Mentor D – eher ruhig und etwas reduzierter, eine perfekte Hörbuchstimme – und zudem die Luft im Studio nach Asana-Praxis und Technique Training dick und heiß wie Kim Kardashian… Es fällt mir unheimlich schwer die Stunden ohne Gähnen im 5-Minuten-Takt durchzuhalten, auch da ich diese Unterrichtssituation nicht mehr gewohnt bin.
Ich werde immer müder und muss zwischendrin die Augen kurz schließen und mich wieder zum Öffnen zwingen. Mensch, reiß Dich mal zusammen!
Irgendwie schaffe ich es die letzte halbe Stunde beteiligt durchzuhalten und bin froh, als die Feierabendsirene abgefeuert wird.

STAN
Es regnet in Strömen, als ich um 17:30 h nach Hause radle – ohne Regenjacke – und ich grinse debil vor mich hin. Ich bin bestens gelaunt und fühle mich hervorragend. Der Regen ist wie Konfetti und ich feiere den dritten Tag mit offenem, glücklichen Herzchen!
So, ich springe jetzt ins Savasana und hoffe auf einen genialen Tag morgen! 🙂
